Vorgeschichte
Am 29. November 2020 hat sich die Stimmbevölkerung bei einer ausserordentlich hohen Stimmbeteiligung mit klarer Mehrheit für die Neubau-Vorlage A ausgesprochen, welche den Abriss der Liegenschaft Usterstrasse 23 zu Gunsten eines deutlich vergrösserten Dorfplatzes fordert. Eine Sanierung des Gebäudes (Umbau-Vorlage B) lehnte demgegenüber die Stimmbevölkerung ab. Dem demokratischen Entscheid ging ein jahrelanger, intensiver politischer Prozess voraus.
In Umsetzung des Volksentscheides verfügte der Stadtrat am 8. September 2022 – in logischer Konsequenz und zu Recht – die Entlassung des Hauses an der Usterstrasse 23 aus dem kommunalen Inventar schützenswerter Bauten und setzte damit das Volksbegehren um. Gegen diesen Schritt ergriff der Zürcher Heimatschutz, wie bereits im Abstimmungskampf angekündigt, ein Rechtsmittel ans Baurekursgericht des Kantons Zürich. Das Baurekursgericht als Erstinstanz folgte nun mit Entscheid vom 8. März 2023 dem Rekurrenten und hob den Stadtratsbeschluss vom 8. September 2022 auf. Der Stadtrat kann nun gegen diesen erstinstanzlichen Entscheid schriftlich Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich einreichen.
FDP und JLIE erwarten vom Stadtrat, dass dieser als Vollzugsorgan den Willen der Stimmbevölkerung mittels seinem Beschwerderecht einfordert, nötigenfalls bis vor Bundesgericht. Diesbezüglich besteht kein Handlungsspielraum, zumal die möglichen Kosten solcher Gerichtsverfahren in der Abstimmungszeitung transparent ausgewiesen wurden. Das heisst, wer der Neubau-Vorlage A mit deutlich vergrössertem Dorfplatz Illnau zustimmte, tat dies im vollen Bewusstsein um potenzielle Verfahrenskosten und hiess diese gut.
Unzulänglicher Entscheid des Baurekursgerichts
Der enttäuschend knapp gehaltene Entscheid des Baurekursgerichts des Kantons Zürich, welcher auf dessen Website abrufbar ist, überzeugt nicht. Dem klaren Abstimmungsergebnis und damit Volkswillen wird im knappen Urteil und namentlich in dessen viel zu kurzen, teilweise sogar fehlerhaften Begründung nicht Rechnung getragen. Drei Punkte seien exemplarisch erwähnt:
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Die Unterstellung des Baurekursgerichts, dass die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger aufgrund der Abstimmungsunterlagen nicht in der Lage gewesen sein sollen, das Interesse an der Neugestaltung des Dorfzentrums gegen das Interesse am Erhalt der Liegenschaft Usterstrasse 23 fundiert abzuwägen, ist nicht nachvollziehbar. Die Interessenabwägung zwischen Neubau versus Sanierung war – im Gegensatz zu den Erwägungen des Baurekursgerichts – eine Kernfrage in der Volksabstimmung. Man erinnere sich dazu nur schon an die Fülle von Leserbriefen und das damalige Zeitungsinterview des Präsidenten des Zürcher Heimatschutzes im Vorfeld der Abstimmung, die sich genau mit dieser Kernfrage auseinandersetzten.
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Das Baurekursgericht führt als zentrale Begründung für sein Urteil fälschlicherweise aus, beide Projektvarianten A und B hätten eine – Zitat – «grosse Zustimmung» gefunden. Dies trifft nachweislich nicht für beide Varianten zu. Lediglich die Neubau-Variante A wurde mit 55% Ja-Stimmen deutlich angenommen, während die Sanierungs-Vorlage B abgelehnt wurde. Wenige Zeilen später widerspricht sich dann das Baurekursgericht sogleich wieder selbst und wertet das klare Abstimmungsergebnis mit «grosser Zustimmung» ausschliesslich zu Gunsten der Neubau-Vorlage A zu einem «relativ knappen» Volksentscheid ab. Diese in sich widersprüchliche Abwertung ist sodann die voreingenommene Basis dafür, dass das Baurekursgericht den Stadtratsbeschluss vom 8. September einstweilen aufhebt.
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Das Baurekursgericht hält richtigerweise selbst fest, dass (a) klare Abstimmungsergebnisse bei der Interessenabwägung erheblich ins Gewicht fallen, und zwar insbesondere dann, wenn sich (b) die Abstimmungsfrage im Wesentlichen auf die Schutzwürdigkeit bezieht. Beides war an der Urnenabstimmung vom 29. November 2020 zu Gunsten der Neubau-Vorlage A nachweisbar der Fall. Entsprechend wäre zu erwarten, dass ein Gericht den fundierten Stadtratsbeschluss vom 8. September 2022, der einzig und allein einen demokratischen Entscheid umsetzt, stützt.
Fazit
Die FDP und die JLIE sind überzeugt, dass ein Weiterzug bereits allein aus demokratischen Überlegungen zwingend ist; der Stadtrat ist verpflichtet, sich bis in letzter (juristischer) Konsequenz für die Umsetzung eines Volksentscheides einzusetzen. Zudem gibt es auch materiell – wie oben exemplarisch gezeigt – gewichtige Argumente gegen den fragwürdigen Entscheid, die einen Weiterzug aufdrängen. Fehlaussagen und Ungereimtheiten in der Begründung eines Gerichtsurteils können nicht im Raum stehen gelassen werden.